Vom Sinn und Unsinn der Öffis

Seit vielen Jahren kommt es zu regelmäßigen, öffentlichen Diskussionen über vielerlei Probleme beim und im öffentlichen Nahverkehr und auch diverse Nachrichtenmedien berichten immer und immer wieder von merkwürdigen Strecken- und Haltestellenschließungen, seltsamen und fragwürdigen Fahrplanänderungen, restlos überfüllten Zügen gerade um die Weihnachtszeit und Reisenden, die trotz Fahrkarte und Reservierung aus dem Zug geworfen wurden, da es den reservierten Sitzplatz auf einmal gar nicht gab. Jetzt war ich auf der Suche nach der beliebten Autoreisezugverbindung nach Hamburg und musste überraschend feststellen, dass de facto alle Autoreisezüge im Dezember 2023 eingestellt wurden. Journalisten erhielten auf Anfragen wegen all dieser Geschichten seitens der ÖBB immer nur fadenscheinige, nichtssagende Antworten. Ein weitreichendes Phänomen, welches auch nicht nur die ÖBB betrifft und man fragt sich da immer öfter, was das soll, denn zugleich schwatzen Politiker immer davon, man solle das Auto stehenlassen und die Öffis nutzen! Ja wie denn, wenn die Öffis im Grunde nicht wirklich zu gebrauchen sind!?

Ich selber war und bin eigentlich leidenschaftlicher Zugfahrer und sonst auch gerne Benutzer der Öffis; Von meinen 12 Jahren in Wien hatte ich gute 6 Jahre kein Auto, da ich es schlicht nicht brauchte. Ich hatte eine Wiener Jahreskarte und die Vorteilskarte der ÖBB. Ich kam immer und überall hin und bis heute muss ich sagen, dass die Wiener Linien wirklich einzigartig gut sind. Auch die ÖBB war damals noch brauchbar und so fuhr ich regelmäßig mit dem Zug in die Kärntner Heimat, da die Zugverbindung Wien-Klagenfurt damals noch eine sehr enge Taktung hatte und eine Fahrkarte recht günstig war. Erst, als ich mich als Baumpfleger selbstständig machte, brauchte ich wieder ein Auto. Und heute? Heute lebe ich mit meiner Frau in Graz und wir haben beide die Grazer Jahreskarte, bei der automatisch das steirische Klimaticket dabei ist und wir nützen das beide nur bedingt, da die Grazer Öffis eine solche Katastrophe darstellen, dass wir lieber mit dem Motorrad, der Vespa oder dem Fahrrad in die Arbeit fahren. Julia, die immer wieder Seminare außerhalb von Graz hat, fährt zu diesen dann mit dem Auto, da sie für diese Strecke mit den Öffis über zwei Stunden bräuchte, anstatt 35 Minuten mit dem Auto. Da wir ja beide aus Klagenfurt sind, würden wir eigentlich auch oft mit dem Zug oder Bus fahren wollen. Aber abgesehen von der Fahrzeit würde uns ein reguläres Ticket für nur eine Richtung zu zweit mehr kosten, als eine Tankfüllung unseres Land Rovers, mit welcher wir diese Destination fünf mal fahren können. Zudem ist man bei den Tickets längst schon Zuggebunden. Das alleine reicht glaube ich bereits als Argument dafür, das Auto nicht stehen zu lassen. Diese und viele Probleme mehr sind es, weshalb nicht nur wir, sondern auch viele andere meist die selben Gründe haben, lieber mit dem Auto zu fahren, anstatt mit den Öffis und sehr viele Menschen vertreten die Meinung, dass da in den Chefetagen Leute sitzen, die selber nie öffentlich fahren und einfach zu blöd und egoistisch sind, um innovative und nachhaltige Lösungen zu finden und zu bieten und dass es auch seitens der Politik nicht wirklich gewollt wird. Und dass ein Großteil der Bevölkerung sich trotz oft sehr hohen Spritpreisen sich trotzdem nicht davon abhalten lässt, das Auto stehen zu lassen, spricht glaube ich für sich. Ich finde das mehr als verständlich, da eben keine Alternativen mit einem entsprechende Leistungsverhältnis geboten werden. Eher im Gegenteil und beinahe überall merkt man, dass es den verschiedenen Betreibern des Öffentlichen Nahverkehrs nur um Sparmaßnahmen und Profit geht und Investitionen zugunsten der Kunden völlig daneben sind. Denn was nützt mir der modernste Zug mit W-LAN und Infotainmentsystem, wenn ich ihn nicht nutzen kann? So wurden die Autoreisezüge ja angeblich deshalb eingestellt, da die besagten Strecken nur noch mit dem „Railjet“ bedient werden sollen und an den kann man angeblich keinen Autotransportwaggon hängen. Ja, wenn dem so sein sollte, dann muss ich den Autoreisezug eben mit einer älteren Zuggarnitur bedienen! Und es ist ja nicht so, dass ein Autoreisezug nur mit Passagieren fährt, die ihr Auto mitnehmen, denn das waren bisher ganz reguläre Zuge, an die hinten einfach ein Autotransportwaggon gehängt wurde. Das weitere Argument der ÖBB, die Autoreisezüge wären angeblich nicht mehr so gefragt, zieht da also nicht. Ich persönlich kenne viele Leute, die gerade die Destination nach Hamburg sehr gerne mit dem Autoreisezug gefahren sind und das auch weiterhin gerne tun würden, da Hamburg ein sehr guter Startpunkt ist, mit Auto oder Camper, oder auch mit dem Motorrad nach Skandinavien, oder auch England zu fahren, da man sich durch die Anreise mit dem Zug einiges ersparen kann. Zwar nicht unbedingt beim Fahrpreis, aber auf jeden Fall an Zeit und Nerven. Bleibt nur zu hoffen, dass der Druck aus der Bevölkerung da steigt, was man jetzt im Sommer zur Hauptreisezeit vielleicht schon merken könnte und es bleibt die Hoffnung, dass die ÖBB diese grenzenlose Dummheit wieder rückgängig macht!

Allgemein sind Politiker und andere handelnde Personen schon längst aufgefordert, nicht das Pferd von hinten aufzuzäumen, indem man z.B. massiv eine sehr fragwürdige E-Mobilität, wie E-Autos etc. fördert und den Menschen vorzugaukeln versucht, sie täten damit nachhaltig etwas für die Umwelt. Nein, die Aufforderung geht z.B. in Richtung eines nachhaltigen und für jedermann attraktiv gestalteten und natürlich flächendeckenden Öffentlichen Nahverkehr, bei dem die lukrierten Umsätze und Gewinne nicht in den Taschen von dubiosen Aufsichtsräten und Vorständen landen, sondern zu 100% ihrem eigentlichen Zweck zugeführt werden: Der Investition in Infrastruktur, Effizienz, Attraktivität und wirklicher Kundenfreundlichkeit!