Minimalismus gegen den Klimawandel; Eine Lösung…?

Vor einigen Jahren unterzog sich der bekannte Kabarettist Roland Düringer einem Selbstversuch als Aussteiger; Jedoch nicht so ganz, wie man das so zu kennen glaubt, sondern auf seine eigene Art und Weise; So machte er nie einen Hehl daraus, dass er sich das im wahrsten Sinne leisten könne, da er durch seine äußerst erfolgreichen Kabarett-Shows über entsprechende Einnahmen und somit Finanzpolster verfügte. Dennoch verlagerte er sein ganzes Leben in einen Wohnwagen neben seinem schönen Haus, trennte sich von vielen materiellen Dingen, kündigte Handyverträge, Bankkonten, Internet und Emails und wartete, was passieren würde. „Na nix is passiert!“ sagte Düringer mal in einem Interview wienerisch trocken und brachte es damit auf den Punkt: Wir glauben immer, weiß der Kuckuck was zu verlieren und zu versäumen und es würde de facto die Welt untergehen, aber das ist eben keineswegs der Fall! Und wer uns wirklich erreichen will, der wird auch Mittel und Wege finden. Natürlich mögen Leute wie Düringer da als Extrembeispiel dienen, aber ist es bei genauerer Betrachtung wirklich so extrem? Ich glaube, es ist nur eine andere Einstellung zum Leben und seinen Notwendigkeiten und so ist Düringers Selbstversorgerdasein und sein scheinbarer Minimalismus im Grunde eine Lebensform, die bis vor nicht einmal 100 Jahren recht normal und verbreitet war; So kauften meine Eltern 1989 ein Haus, welches 1938 gebaut wurde. Wir fanden dort 9 Obstbäume, Weinspaliere, Beerensträucher, Gemüsebeete, Brunnen, Hühner- (und wahrscheinlich auch Hasengehege) vor und es war deutlich zu sehen, dass es sich hier ursprünglich um einen Selbstversorgergarten handelte. Nun war es aber nicht nur unser Garten, sondern auch fast alle umliegenden Gärten waren genau so angelegt und das mitten in der Stadt und in unmittelbarer Nähe befanden sich mindestens drei Bauernhöfe, bei denen alles, was man selber nicht hatte, zugekauft werden konnte, wie etwa Milch, Brot, Mehl, Fleisch und Brennholz und das natürlich ausschließlich regional! Das war auch keinesfalls einer Wirtschaftskrise geschuldet, denn sonst hätte man auch kein Geld gehabt für den Hausbau; Nein, es war damals etwas ganz normales und selbstverständliches und es wurden ganze Stadtviertel genau so konzipiert. Es waren quasi die bäuerlichen Obst- und Gemüsegärten im Kleinformat. Langsam verloren gegangen ist dies vermutlich nach dem 2. Weltkrieg im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwunges und der Zunahme des Umstandes, dass auch Frauen immer mehr in Richtung Erwerbsarbeit strebten und es immer normaler wurde, dass Mann und Frau gleichermaßen arbeiten gingen und so war dann irgendwann keine Zeit mehr, sich um einen solchen Garten zu kümmern und in der Freizeit stand einem der Sinn auch längst woanders. Zudem lösten immer mehr Lebensmittelgeschäfte und das Aufkommen der Supermärkte die Selbstversorgung ab und es war natürlich viel bequemer, nur ein Geschäft aufsuchen, anstatt den eigenen Garten bewirtschaften zu müssen. So stand jetzt alles Jahrzehnte lang in verschwenderischer Hülle und Fülle zur Verfügung, sodass es im Grunde nur ein, zwei Generationen brauchte, um eine jahrhunderte alte Tradition und Lebensart beinahe völlig in Vergessenheit geraten zu lassen. Eine Tradition, die wir heute gerne als Aussteigertum und Minimalismus bezeichnen, weil sie uns so fremd geworden ist. Müssen wir da wieder hin? Ist Minimalismus in seinen zahlreichen Facetten die Lösung? Ich glaube nicht und mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine da. Was aber stattfinden muss und teilweise zum Glück auch bereits stattfindet, ist ein kritisches Überdenken unseres Konsumverhaltens und zwar nicht nur Lebensmittel betreffend, sondern auch alles andere, wie Strom, Gas, Benzin, Diesel und all den elektronischen und digitalen Schnickschnack, mit dem wir uns immer mehr umgeben, ja teilweise bereits unser Leben danach ausrichten. Ich bin keineswegs ein totaler Gegner der Digitalisierung, aber ich sehe da wie überall anders auch zwei Seiten der Medallie; Smart-Homes, Computer, Smartphones mit zahllosen Apps, Kaffeemaschine mit Bluetoothsteuerung, Playstations, Instagram, TikTok, Facebook… Brauchen wir das alles um unser Leben zu erfüllen? Ist das alles Überlebensnotwendig? Müssen wir unser Leben nach Klicks und Follower-Zahlen ausrichten? Sind wir nur etwas wert, wenn wir mindestens 500 Likes pro Tag bekommen? Nein! Und da sind wir wieder bei Roland Düringer: Es passiert eben rein gar nichts, wenn wir auf all das verzichten würden! Es wird vielen wahrscheinlich nur erst einmal unglaublich langweilig werden, da viele zunächst nicht wissen, was sie mit dieser plötzlichen Fülle an Zeit anfangen sollen! Dennoch muss ich sagen, dass die Erfindung von Email und Handy durchaus etwas positives hat, so lange man es nicht übertreibt. So denke ich da immer an meinen Onkel, der Anfang der Siebziger Jahre monatelang in Indien unterwegs war; Der Brief, den er nachhause geschrieben hatte um seine gesunde Ankunft mitzuteilen kam aber ohnehin erst nach seiner Rückkehr an. Da meine ich, ist es schon ganz gut heutzutage, wenn man wenigstens ab und zu die Möglichkeit hat, recht schnell zuhause bescheid zu sagen, dass es einem gut geht. Aber mit der Digitalisierung ist es meiner Meinung nach so, wie es Paracelsus einmal über giftige Pflanzen in der Heilkunde sagte: „Die Dosis macht das Gift!“… Wir müssen also keineswegs zu Minimalisten werden, schon gar nicht zu denen, die nur noch 100 oder gar 50 Dinge ihr Eigen nennen. Aber wir können uns diese Menschen trotzdem einmal anschauen, denn sie beweisen recht gut, dass man tatsächlich nicht so viel braucht im Leben, wie man weitläufig meint. Auch sind diese Minimalisten meist sehr glückliche Menschen, da der wenige Besitz ihnen auch nicht viele Sorgen bereitet.