Österreich ist Europameister!!!

Es ist Hochsommer und auch des nachts sinken die Temperaturen selten unter 20° Grad. So sind in der Nacht alle Fenster geöffnet, um die Räume unserer Wohnung wenigstens halbwegs „kühl“ zu halten. Plötzlich schrecke ich aus dem schönsten Schlaf auf! Schon wieder lautes Gehämmer und Gesäge! Schlaftrunken schaue ich auf meine Uhr: Gerade mal 6 Uhr morgens!!! Der Lärm kommt von einer der drei in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Baustellen. Schon das x-te Mal! Nun reicht es mir und ich fahre mit dem Rad die paar Meter zu dem Störenfried. Dort angekommen frage ich die Arbeiter höflich, aber bestimmt, ob sie einmal etwas von Ruhezeiten gehört hätten. „Polier!“, „Polier!“ wird mir in deutlich südosteuropäischem Akzent immer nur „geantwortet“. Wie schön, dachte ich, dass man sich so leicht aus der Verantwortung zu drücken vermag… Natürlich ist mir vollkommen klar, dass diese armen Leute einen Knochenjob haben, den von uns Einheimischen eh keiner machen würde. Schon gar nicht bei dieser Hitze, denn seit Tagen klettert das Thermometer schnell regelmäßig auf über 30° Grad hinauf! Erfolglos zog ich von dannen und googelte mal; Die öffentlichen Ruhezeiten sind klar definiert: 19-7 Uhr. Aber siehe da: Nach längerem Suchen finde ich einen sehr schwammigen Gesetzestext, der es offiziellen Baustellen angeblich per Genehmigung gestattet, bereits um 6 Uhr morgens mit ihrer Tätigkeit, sprich Lärm, zu beginnen. Aber ganz ehrlich: Muss man da gleich mit Gehämmer und Gesäge anfangen? Kann man das nicht auf etwas später verlegen? Sicher gibt es auf einer Baustelle auch jede Menge andere, ruhigere Tätigkeiten zu erledigen, als diejenigen, die in einer sonst recht ruhigen Wohnsiedlung die Nachbarn aus dem Schlaf reißen! Offensichtlich hapert es auf dieser, aber auch anderen Baustellen am Hausverstand…

Da es sich einmal mehr, wie üblich, um die Errichtung von Wohnungen handelt, wo jedes Kind heute weiß, dass dies nachgewiesen nicht notwendig, sondern reine Geschäftemacherei ist, ärgere ich mich doppelt und dem kommt noch hinzu, dass Österreich zwar nie den Fußballtitel Europameister haben wird, dafür aber leider den amtierenden Europameister in Sachen Bodenversiegelung stellt! Pro Tag werden nämlich in Österreich 11,5 Hektar (das sind 12 Fußballfelder!) Bodenfläche zugebaut, also versiegelt (Quelle: Uni Krems) und vieles ist nachweislich nicht einmal notwendig!

EU-weit, also auch Österreich betreffend, gibt es eine Zielvorgabe von max. 2,5 Hektar pro Tag. Österreich überschreitet diese Vorgabe also beinahe um das Zehnfache! Wie auf der Grafik zu sehen ist, machen Wohn- und Geschäftsgebiete den überdeutlichen Löwenanteil aus und da kann Österreich mit einem weiteren fragwürdigen Europameistertitel trumpfen, denn Österreich verfügt über die größte Dichte an Supermärkten EU-weit! Als bekennendem Antifußballer wäre es mir da weitaus lieber, Österreich hätte die gerade abgehaltene EM gewonnen, denn dieser Titel würde weit weniger Schaden anrichten! Allerdings weiß ich nicht, ob die Spanier und Engländer so viel weniger bauen…

Aber warum ärgert mich das? Ganz einfach: Seit Jahren ist bekannt, dass uns der Planet klimatechnisch immer mehr um die Ohren fliegt und genau so lange wird gepredigt, dass man dagegen ach so viel tun müsse! Eben so lange ist bekannt, dass die Bauwirtschaft mit ihrem mafial-lobbyistischen Gehabe der Klimakiller Nr. 1 ist und ebenso bekannt ist auch, dass, wie schon gesagt, viele Bauvorhaben völlig unnotwendig sind und während man den kleinen Bürger immer mehr beschneiden will und ihm das Leben auch finanziell immer problematischer macht, baut man nur um des Bauens Willen munter weiter und der Bürger darf, nein muss sich dann auch noch die (lt. Gesetz zumutbare) Lärmbelästigung gefallen lassen!

Wenn ich alleine anschaue, dass bei meinem Elternhaus in Klagenfurt innerhalb von max. 5 Fahrradminuten 12 Supermärkte aller Ketten bestehen, plus noch weitere Geschäfte, sowie einem großen Einkaufszentrum und bei uns in Graz etwa gleich viel in der unmittelbaren Umgebung, darf man getrost fragen, ob da die Verantwortlichen in Behörden und Politik nicht alle Tassen im Schrank haben!? Dem kommt ja noch der ganze fragwürdige Wohnungsbau hinzu und da rede ich nicht von Einfamilienhäusern, die privat gebaut werden, sondern von ganzen Wohnsiedlungen, die da aus dem Boden gestampft werden, für die oft ganze Felder, Weiden und Obstwiesen geopfert werden und die dann jahrelang leer stehen und die Nachfrage kann wirklich nicht so groß sein, wie uns immer suggeriert wird. Mein Vater z.B. verwaltet ein Mehrparteienhaus in der Nachbarschaft und regelmäßig sind dort Wohnungen monatelang zu haben und diese Wohnungen sind preislich unter dem Durchschnitt. Sie sind auch völlig in Ordnung und es gab nie einen Mieter, der sich jemals wegen irgend etwas beschwert hätte. Das ist jetzt nur ein Beispiel von vielen. Auch ein Freund von mir, der bei der Baubehörde einer Gemeinde tätig war, wusste regelmäßig zu berichten, dass viele Wohnungen ewig leer stehen und die angebliche Wohnungsnot keinesfalls bestünde. Ein weiterer Punkt ist auch die „Mir san mir – Mentalität“, was im Klartext bedeutet, dass kaum jemand gewillt ist, vorhandenen und ungenützten privaten Wohnraum zur verfügung zu stellen. So gibt es in der unmittelbaren Nachbarschaft meines Elternhauses zahlreiche Häuser in Familienbesitz, die oft nur teilweise bewohnt werden, wenn überhaupt. Ein Nachbar wohnt mit seiner Frau alleine in einem Haus, welches drei komplette Wohnungen beinhaltet. Die Nachbarn wohnen in der Einen und die anderen Zwei stehen seit vielen Jahren leer. Ich selbst fragte ihn vor längerer Zeit einmal, ob er nicht vermieten wolle. Sein Nein kam mit dem deutlichen Unterton, dass er keine weiteren Fragen dazu wünscht. Ein paar Meter weiter steht ein Haus seit Jahren de facto leer und modert vor sich hin. Dort wohnte eine alte Dame bis zu ihrem Tod und das Haus wurde an die in Wien lebende Tochter vererbt, ihres Zeichens pensionierte Richterin und ihr Mann pensionierter Primar. Einmal im Jahr kommen diese armen Leute mal für ein paar Urlaubstage und sonst steht das Haus leer. Über einen kurzen Zeitraum wurde das Haus mal vom Enkel (er ist Arzt) der alten Dame bewohnt, aber der entschied sich dann für einen Hauskauf oder ähnliches am Stadtrand. Ein ähnliches Schicksal betrifft noch zwei weitere Häuser in dieser knapp 100 Meter langen Straße. Auch bei uns in Graz stehen alleine in der Petrifelder Straße auf einer Länge von vielleicht 200 Metern mindestens vier Häuser leer und modern vor sich hin, bis irgendwann vermutlich nur noch der Abriss bleibt. Natürlich ist es ein sehr heikles Thema, aber kann da nicht mal ein Gesetz geschaffen werden, welches dazu berechtigt, bei verfügbarem privaten Wohnraum behördlich zu intervenieren, wenn dieser über einen gewissen Zeitraum, also mehrere Jahre, nachweislich ungenutzt da steht? Da denke ich auch an so viele Häuser, die wirklich schon verfallen und eigentlich nur noch Ruinen sind, weil sich keine Sau darum kümmert, warum auch immer! Da könnte man mit einem entsprechenden Gesetz wirklich eingreifen und solche Häuser vor dem drohenden Abriss retten, anstatt dauernd was neues zu bauen! Auch stellen solche Geisterhäuser oft auch ein beträchtliches Umweltproblem dar, denn oft stehen da Autowracks herum, weitere undefinierbare und verrottete Maschinen und Geräte, bergeweise Müll und Unrat und das Haus selber ist zum Paradies für Ratten und sonstiges Ungeziefer geworden. Was in den Besitzern, die es ja irgendwo geben muss, vorgeht, ist mir da ein wirkliches Rätsel! Ich denke halt, wenn ich weder Grund noch Haus nütze, weil ich vielleicht auch im Ausland lebe und nicht vor habe, zurückzukommen, so würde ich doch alles verkaufen. Denn auch wenn irgend ein emotionaler Wert noch dahinter steht, so muss ich mich doch dann davon trennen, wenn ich es nicht mehr erhalten kann!? Aber irgendwie scheinen die Leute das nicht zu wollen und solche Ruinen gibt es wirklich viele. Gefühlt in mindestens jeder Straße eine!

Wir machen uns selber schon unsere Gedanken um die Immobilien, die in unseren Familien in Besitz sind; So wird mein Elternhaus eines Tages mir gehören und meine Frau wird vielleicht auch mal ein Haus erben. Wir wissen beide, dass wir spätestens zu unserer Pension wieder in Klagenfurt leben möchten und so werden die Häuser dann entsprechend weiter genutzt. Das eine als Hauptwohnsitz und das andere auf dem Land mindestens als Wochenendhaus.